Mutter-Mutter-Kind: Elternschaft zweier Frauen in Deutschland möglich!
AG Köln erkennt Mitmutterschaft nach spanischem Recht an
Das Amtsgericht Köln hat mit Beschluss vom 4. März 2025 (Az. 378 III 10/25) entschieden, dass im Geburtsregister eines in Deutschland geborenen Kindes auch die Ehefrau der Mutter als Mutter eingetragen werden kann, wenn sich ihre rechtliche Elternstellung aus ihrem anwendbaren Heimatrecht (hier: Spanien) ergibt. Das Gericht wendet dazu die abstammungsrechtlichen Vorgaben des internationalen Privatrechts an.
Der Fall: Zwei Frauen, ein Kind
Zwei Frauen sind miteinander verheiratet. Eine von ihnen (Spanierin) lässt sich Eizellen entnehmen und mit Hilfe einer anonymen Samenspende im Ausland künstlich befruchten; die befruchtete Eizelle wird ihrer Ehefrau (Deutsche und Kanadierin) eingesetzt, sie wird schwanger und bringt in Deutschland ein gesundes Kind zur Welt. Die gebärende Ehefrau ist Mutter (§ 1591 BGB). Nach § 1592 BGB kann aber nur ein EheMANN zum Vater werden, weshalb ihre Frau nicht zum Elternteil wird. Im spanischen Abstammungsrecht ist das jedoch anders, dort wird die Ehefrau auch Elternstelle. Das Ehepaar verwies daher gegenüber dem Standesamt auf das spanische Recht und beantragte, die Eintragung der Ehefrau als Mutter im Geburtsregister einzutragen. Das Standesamt Köln bezweifelte, dass die Ehefrau als weiteres Elternteil (Mutter) im Geburtsregister eingetragen werden könne, und legte die Frage dem Amtsgericht zur Prüfung und Entscheidung vor.
Entscheidung: Die Elternschaft der Ehefrau richtet sich nach dem spanischen Recht
Das Amtsgericht Köln stellt klar: Die Abstammung des Kindes richtet sich nicht immer nur nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts oder Ehewirkungsstatuts, sondern kann gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB auch nach dem Heimatrecht der Ehefrau beurteilt werden. Das insofern anwendbare spanische Recht erkennt unter bestimmten Voraussetzungen die Mitmutterschaft kraft Gesetzes an: Die Eheleute dürfen dazu nicht getrennt leben, die Ehefrau der Mutter muss außerdem eine besondere Zustimmungserklärung abgeben, wonach das Abstammungsverhältnis zu ihr festgestellt werden kann (was im vorliegenden Fall geschehen war).
Unter Anwendung deutschen Rechts wäre eine Eintragung der Ehefrau nicht möglich gewesen, da eine gesetzliche Regelung zur Mitmutterschaft (außerhalb einer Adoption) bislang fehlt. Das Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich in diesem Jahr noch über anhängige Verfassungsbeschwerden verhandeln. Bis zu einer Rechtsänderung ist nach § 1591 BGB Mutter ausschließlich die Gebärende, eine gleichwertige rechtliche Elternstellung ihrer Ehefrau ist nur über ein Adoptionsverfahren (oder eine vorgeburtliche Änderung der geschlechtlichen Identität, wobei dann keine Eintragung als Mutter erfolgt) möglich.
Die Anwendung des ausländischen Rechts verstößt trotz der Abweichungen vom deutschen Recht nicht gegen den kollisionsrechtlichen ordre public. Der Bundesgerichtshof hatte bereits 2016 entschieden, dass ausländische Regelungen, die eine rechtliche Elternstellung der Ehefrau der Gebärenden begründen, nicht gegen grundlegende Wertvorstellungen des deutschen Rechts verstoßen (BGH, Beschl. v. 20.04.2016 – XII ZB 15/15).
Bedeutung der Entscheidung
Das Amtsgericht Köln bejaht in dieser Entscheidung ausdrücklich die Eintragung beider Frauen als Mütter des Kindes im Geburtsregister. Die Abweichung vom deutschen Recht, wonach nur Männer zur 2. Elternstelle werden können, wird explizit nicht als Verstoß gegen wesentliche deutsche Rechtsgrundsätze aufgefasst. Zudem zeigt sie, dass die alternativ anwendbaren Kriterien des Art. 19 Abs. 1 EGBGB bei der Zuordnung von Elternschaft ganz wesentlich auf das Kind bezogen sind. Kann die Abstammung danach schnell, zuverlässig und nachhaltig eingerichtet werden, erhält das Kind also seinen richtigen Elternteil, müssen andere Zuordnungsprinzipien zurücktreten. Das erweitert die Möglichkeiten für gleichgeschlechtliche Paare, auch schon nach aktuellem Recht gemeinsam Eltern (ohne Adoption) zu werden.
Fazit
Diese Entscheidung zeigt, dass die deutsche Rechtsordnung – unter Anwendung des EGBGB – bereit ist, ausländische Mitmutterschaftskonzepte anzuerkennen, wenn diese ihrerseits auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen und nicht gegen wesentliche deutsche Rechtsgrundsätze verstoßen.
Dr. Marko Oldenburger
Fachanwalt für Familienrecht & Medizinrecht